Unterstützung für Kinder mit Behinderungen in Ostafrika
„Die siebenjährige Lovelyne ist die Jüngste von sieben Geschwistern. […] Als das Mädchen laufen lernt, sieht ihre Mutter, dass Lovelyne Probleme mit den Beinen hat. Je älter sie wird, desto mehr Schmerzen hat sie beim Gehen. Es tun ihr nicht nur die Beine weh, sondern auch die Hüfte. Ihre Eltern wissen sich nicht zu helfen. Abends weint die Kleine oft, nur spielen lenkt sie zeitweise von ihren Schmerzen ab. [Als Lovelyne dann in die Grundschule geht, sagen die Mitschüler:innen], dass sie krumme Beine hat. Das ärgert das Mädchen. Zum Glück hören ihre Eltern vom AIC Cure-Camp in Kitale […]. Nach einer Untersuchung steht die Diagnose: Lovelyne hat stark ausgeprägte O-Beine und muss ins Kijabe-Krankenhaus gebracht und operiert werden.“ (Auszug aus dem Projektbericht von CBM)
Für Menschen, die in Deutschland leben, ist eine derartige Geschichte kaum zu glauben. In einem Gesundheitssystem mit engmaschigen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder ist es schwer vorstellbar, dass ein derartiges gesundheitliches Problem vom Baby- bis ins Grundschulalter unbehandelt bleibt. In Kenia sieht es leider etwas anders aus: Aufgrund der ausgeprägten Armut besteht nicht für alle Personen (ein angemessener) Zugang zu medizinischer Versorgung. Dies ist fatal, da eine adäquate Gesundheitsversorgung nicht selten die Entstehung einer Behinderung verhindern oder den Grad der Einschränkung abmildern könnte: „Für viele […] Jungen und Mädchen würde schon ein einfacher chirurgischer Eingriff nachhaltig ihr Leben zum Besseren verändern.“ (Förderantrag CBM) Das zeigt auch der eingangs geschilderte Fall von Lovelyne. Um an dieser Stelle Abhilfe zu leisten, arbeitet die international tätige Hilfsorganisation CBM vor Ort mit dem AIC Cure Kinderkrankenhaus in Kijabe zusammen, um Kinder mit Erkrankungen oder Behinderungen im ersten Schritt über Außeneinsätze erst einmal zu finden. Denn häufig leben sie in ländlichen Regionen, haben keine Diagnose und wissen – genau wie Lovelynes Eltern über viele Jahre hinweg – nichts von den medizinischen Möglichkeiten, die bestehen. In der Folge findet dann eine Diagnostik statt und es werden passende Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen angeboten. So können die Kinder geheilt werden oder eine Verbesserung ihres Zustandes erreichen.
Zu den häufigsten Erkrankungen, die vom Team der AIC Cure Klinik behandelt werden, zählen u. a. Skoliose, Klumpfüße, Behinderungen aufgrund von Kinderlähmung und Muskelschwund. Zur Behandlung finden Krankentransporte aus dem ganzen Land zum Kliniksitz in Kijabe statt. Insbesondere mit Blick auf Nachsorge und -behandlungen wie Physiotherapie ist aber eine gute und schnelle Erreichbarkeit einer medizinischen Einrichtung wichtig. Aus diesem Grund wurde geplant, im Bezirk Uasin Gishu einen neuen Außenstützpunkt zusätzlich zum Hauptstandort für die Operationen in Kijabe zu errichten. Leider gab es einige Verzögerungen, sodass bisher keine Klinikaußenstelle eröffnet werden konnte. Aus diesem Grund konnte auch noch nicht so vielen Personen wie geplant geholfen werden; es fand aber dennoch wichtige Arbeit in der AIC Cure Klinik und bei Außeneinsätzen statt und es konnten seit 2021 über 3.500 Personen über verschiedene Maßnahmen (u. a. Untersuchungen, Operationen, Physio- und Reha-Maßnahmen, Telegesundheitsdienste) erreicht werden.
Die ProFiliis-Stiftung hat CBM und der AIC Cure Kinderklinik finanzielle Unterstützung in Höhe von über 55.000,- Euro zugesagt. Mit 12.300,- Euro wurden ursprünglich die Mittel zur orthopädischen Versorgung von 10.000 Kindern bereitgestellt. Aufgrund der Verzögerungen beim Aufbau des zweiten Standortes konnten die Mittel zu diesem Zweck nur anteilig abgerufen werden. Die Restmittel wurden stattdessen der zweiten durch ProFiliis geförderten Position zugewiesen: 25.000,- Euro für 315 orthopädische Operationen. Durch die Mittelverschiebung waren nun sogar über 400 Operationen möglich. ProFiliis hatte zudem 18.000,- Euro zugesagt, um den neuen Standort mit neuen Krankenhausbetten auszustatten. Mit diesen Mitteln wurden nun für den bestehenden Standort in Kijabe 29 neue Betten und Schränke für die Patient:innen angeschafft.
Neben dem Projekt in Kenia unterstützte ProFiliis auch in Tansania die Arbeit von CBM. Hier war das Hauptziel, den Zugang zu Bildung für Kinder und insbesondere für Kinder mit Behinderung zu verbessern. Hintergrund der Projektbestrebungen ist, dass in Tansania fast 20 % der Kinder im entsprechenden Alter keine Grundschule besuchen. Dies liegt unter anderem daran, dass z. T. Distanzen von über 25 km zurückgelegt werden müssen, um die nächste Schule zu erreichen. Der Mangel an Bildungsangeboten betrifft Kinder mit Behinderung deutlich stärker, da neben dem Schulweg als solchem auch Einschränkungen vor Ort an den Schulen bestehen, wenn diese zum Beispiel nicht barrierefrei sind und/oder dort keine Konzepte für inklusiven Unterricht bestehen.
CBM arbeitet bei diesem Projekt mit der Partnerorganisation Child Support Tanzania (CST) zusammen. Die Mission von CST ist es, „die Bevölkerung für die Rechte von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen zu sensibilisieren“ und diesen den „Zugang zu einer hochwertigen Schulbildung und Förderung ihrer kindlichen Entwicklung“ zu erleichtern. (Förderantrag CBM) Aus diesem Grund sollen im Rahmen dieses Projektes in der Zielregion Mbeya Schüler:innen mit Unterstützungsbedarf identifiziert und ihnen die notwendige Unterstützung zur Eingliederung bereitgestellt werden, sodass sie uneingeschränkten Zugang zu qualitativ hochwertiger und inklusiver Bildung erhalten.
Zu diesem Zweck wurden die 13 Schulen vor Ort zunächst auf den Prüfstand gestellt: An jeder Schule befasste sich ein eigens hierfür gebildetes Projektteam, mit den Fragen, ob die Infrastruktur vor Ort Kindern mit Behinderungen den Zugang ermöglicht und ob ihre Belange im Unterricht und Schulalltag Berücksichtigung finden. Kleinere Anpassungen wurden sofort vorgenommen. Überdies wurden an den Schulen insgesamtüber 100 orthopädische und andere medizinische Hilfsmittel verteilt, die den Schüler:innen den Schulalltag ganz individuell erleichtern sollten. Hierzu zählten unter anderem Rollstühle, Blindenstöcke, Geh- und Stehhilfen, Hörgeräte und Lupenbrillen. Und tatsächlich: Es sind verbesserte Lernergebnisse zu beobachten. Außerdem fand ein Training der Lehrkräfte zu inklusivem Kinderschutz statt, sodass diese besser auf die Besonderheiten einer inklusiven Schüler:innengruppe reagieren können. ProFiliis hat für die geschilderten Maßnahmen über 12.000,- Euro bereitgestellt. Zusätzlich wurden 3.200,- Euro für die architektonische Planung von weiteren barrierefreien Klassenräumen an der Child Support Schule (s. Foto unten) zugesagt. Hierbei handelt es sich um eine integrative Schule für frühkindliche Bildung in der Region Mbeya, die als Modellschule für inklusive Bildung gebaut wurde. Doch auch hier gibt es noch Verbesserungsbedarf. So sind beispielsweise die vorhandenen Rampen nicht für alle Rollstühle geeignet, sodass hier nachgebessert werden muss.
Mit diesen tollen Projekten kann ein großer Beitrag zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Kenia und Tansania geleistet werden und das erhöhte Risiko für diese Personengruppe, (auch) in Zukunft in Armut zu leben, hoffentlich abgemildert werden. Das Teamder ProFiliis-Stiftung freut sich, mit der Bereitstellung von 70.000,- Euro zum Gelingen der beiden Projekte in Ostafrika beitragen zu können.
Zum Hintergrund:
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) ist eine international tätige christliche Hilfsorganisation. Sie setzt sich in erster Linie für Menschen mit Behinderung bzw. Menschen, die von Behinderung bedroht sind, ein und verfolgt das Ziel, die Lebensqualität der ärmsten Menschen dieser Welt zu verbessern. Eine wichtige Stellschraube für eine positive Zukunftsperspektive ist Bildung. Allerdings sind Kinder mit Behinderung in vielen Regionen der Welt leider noch immer vom Schulunterricht ausgeschlossen; z. B. wegen fehlender inklusiver Bildungsangebote oder einer mangelhaften barrierefreien Infrastruktur. Diese Problemstellung geht CBM mit den folgenden beiden Projekten aktuell in den beiden afrikanischen Ländern Kenia und Tansania an.
sh