Inklusive Schulbildung für Kinder in Simbabwe
Die Christoffel-Blindemission (CBM) hat sich vor mehr als 100 Jahren zum Ziel gesetzt, den Kreislauf aus Armut und Behinderung in den sogenannten Entwicklungsländern zu durchbrechen und für Menschen mit Behinderungen bessere Lebensqualität und Chancengleichheit zu schaffen.
Bereits seit vielen Jahren unterstützt die ProFiliis-Stiftung CBM finanziell bei der Durchführung verschiedener Kinder- und Jugendprojektes in unterschiedlichen Ländern. So wurden in der Vergangenheit beispielsweise Kosten für Rollstühle in Tansania, für medizinische Geräte für Augenoperationen in Kenia oder für Operationen von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten in Uganda übernommen.
Projektfinanzierung:
Das Jahr 2021 sollte dabei ein besonderes Jahr für die beiden Kooperationspartner werden. Stiftungsvorstand Thomas Schieferstein erhielt einen unerwarteten und keineswegs alltäglichen Anruf seines langjährigen Freundes Martin Häbel, der ihn darüber informierte, dass er, gemeinsam mit seinen drei Geschwistern Ortrud Haas, Anette Hlupic und Michael Häbel, die Aufgabe übernommen hat, den Nachlassseiner kinderlosen Tante zu verwalten. Auf den Wunsch der verstorbenen Tante hin, ihr Erbe für die Förderung von Kinder- und Jugendprojekten einzusetzen, habe man sich gemeinsam dazu entschieden, 100.000, - Euro an ProFiliis zu spenden und bat um Vorschläge für ein oder mehrere geeignete Projekte in unterentwickelten Regionen der Welt.Nach einer Evaluierungsphase entschied man sich dann gemeinsam für zwei Projekte, von denen einesdas hier beschriebene Projekt „Inklusive Schulbildung für Kinder mit Behinderung in Simbabwe“ war. Bezüglich der hierfür von der Erbengemeinschaft zur Verfügung gestellten hälftigen Mittel in Höhe von rund 50.000,- Euro sagte ProFiliis eine Verdoppelung aus eigenen Rücklagen zu, so dass am Ende des Tages insgesamt 100.000,- Euro sowohl für dieses als auch das 2. Projekt zur Verfügung standen.
Hintergrund:
Trotz Bodenschätzen, fruchtbaren Böden und touristischem Potential (z. B. Victoriafälle) gehört Simbabwe zu den ärmsten Ländern der Welt. Politisch in der Vergangenheit fragwürdig geführt, leidet das Land auch immer wieder unter schweren Dürreperioden und anderen Umweltkatastrophen, Hungernöte und eine instabile Versorgungslage der Bevölkerung sind die Konsequenzen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben ca. 72 % der Menschen unterhalb der UN-Armutsgrenze.
Besonders schwer getroffen davon sind Menschen mit Krankheiten und Behinderungen, die vor allem auf die unzureichende medizinische Versorgung vor Ort zurückzuführen sind. Im Land gibt es nur wenige Fachkliniken, die insbesondere für die ländliche Bevölkerung aufgrund fehlender finanzieller Mittel nahezu unerreichbar sind. Nicht selten führen Behinderungen dazu, dass die Betroffenen sowie ihre Familien gesellschaftlich ausgeschlossen werden.
Das Förderprojekt:
Das von ProFiliis unterstützte Projekt der Christoffel-Blindenmission richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 17 Jahren, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen haben. In Zimbabwe besuchen rund 50 % der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen keine Bildungseinrichtung, was perspektivisch dramatische Folgen für sie hat, denn ohne Bildung haben sie keine Chance, den Kreislauf aus Krankheit und Armut zu durchbrechen.
Gemeinsam mit der vor Ort tätigen Partnerorganisation Jairos Jiri Association (JJA) werden im Zuge dieses Projektes drei inklusive Schulzentren in Zentral-Simbabwe ausgebaut, die gleichermaßen Kinder und Jugendliche mit Seh-, Hör- und körperlichen Behinderungen ansprechen. Konkret sind dies das „JJA Waterfalls Centre / Harare“, die „JJA Kadoma School for the blind“ und das „JJA Gweru Naran Centre / Midlands“.
Konkret geförderte Maßnahmenschwerpunkte sind unter anderem:
Die ganzjährige Ausstattung der drei Schulen mit Unterrichtsmaterial, Material zur Berufsvorbereitung, Gehälter der Lehrer:innen und Schulangestellten sowie Materialien und Ausstattung für Angehörige der Kinder
Ausstattung und Durchführung für Aufklärungs- und Aktivierungsmaßnahmen / Elternarbeit, damit Kinder mit Behinderungen für Schulen überhaupt, eingestuft und eingeschrieben werden
Bauliche Instandsetzungsmaßnahmen für Renovierung, Barrierefreiheit, Hygiene unter COVID-Bedingungen und Ausstattung des Wohnbereichs der Kinder im Internatstrakt
Gesellschaftliche Netzwerkarbeit zur Besserung der Situation der Kinder und Familien, Antidiskriminierung, Mädchenföderung und Kinderschutz
Gehälter für drei Schulteams, z. B. Computer-Lehrkraft, Gärtner, Krankenschwester, Koch, Braille-Spezialist, Kinderbetreuung, Sicherheitspersonal, Fahrdienste, etc.
Im Folgenden werden die einzelnen Maßnahmen detaillierter geschildert.
Maßnahme 1
Zunächst einmal musste die Basisausstattung für die Schulen angeschafft werden, hierzu zählen unter anderem Schreibstifte, Papier in großen Mengen und andere Büromaterialien, Klassenbücher und Lehrbücher. Für die älteren Schüler:innen wurden ebenso notwendige Materialien sowie Werkzeuge für die Berufsvorbereitungskurse angeschafft wie beispielsweise alle erforderlichen Materialien und Metalle für Schweißerarbeiten, Holz für einfache Schreinerarbeiten oder Rohmaterialien für Waschmittelherstellung. Neue Werkzeuge und Geräte sind hierbei für den dauerhaften Einsatz gedacht.
Maßnahme 2
Im Jahr 2021 wurden 63 Kinder mit Behinderungen an benachbarten Regelschulen unterrichtet. Im Vorhinein wurden die Lehrer:innen dieser Grundschulen ausgebildet und die technischen Voraussetzungen für die Zugänglichkeit der Schulen geschaffen. Die Kinder mit Behinderungen erhalten dadurch die Möglichkeit, mit Kindern ohne Behinderung in einer Klasse unterrichtet zu werden. Die Lehrkräfte an den Regelschulen werden fortlaufend durch Fachkräfte der Förderschulzentren betreut. Die Regelschulen erhalten alle notwendigen Hilfsmittel wie beispielsweise Rollstühle, Hörgeräte und Wandläufe zur Orientierung.
Schulteams besuchen die Familien mit behinderten Kindern in deren Zuhause, um die Eltern zu motivieren, ihre Kinder entweder in die Regelschule oder in eines der Förderschulzentren zu schicken.
Maßnahme 3
Die baulichen Instandsetzungsmaßnahmen hatten zwei Schwerpunkte: zum einen die Verbesserung der Zugänglichkeit, Barrierefreiheit und Sicherheit der Gebäude. Hierfür fanden unterschiedliche Fachbesuche für die Prüfung der Bedingungen an den Schulen statt und wurden entsprechend der finanziellen Möglichkeiten und Verfügbarkeit der Materialien umgesetzt, beispielsweise der Bau von Rampen oder die Installation von Sicherheitsgeländern.
Zum anderen die Renovierung und Ausstattung der Gebäude, diese fanden an allen drei Schulen statt. Zu nennen wären hier unter anderem Zimmerdecken- und Dachsanierung, Fliesen von Böden für die bessere Beweglichkeit von Kindern mit Rollstühlen, Sanierung von Kindertoiletten, Renovierung des Physiotherapieraumes etc..
Maßnahme 4
Um langfristig die Lage der Kinder mit Behinderungen in der Gesellschaft zu verbessern, ist es notwendig, dass die Schulen unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft zu aktivieren, um ein förderliches Umfeld für die Kinder zu schaffen.
Wichtig hierfür sind unter anderem Aufklärung und Antidiskriminierungskampagnen, um die Vorurteile gegenüber den Kindern und deren Familien abzubauen.
An den beiden Förderschulen Gweru Naran und Kadoma wurden 53 Lehrkräfte in den Themengebieten Kinderrechte, Kinderschutz und Gleichberechtigung der Geschlechter geschult, da Kinder mit Behinderung, insbesondere auch Mädchen, häufiger als andere von Missbrauch oder Misshandlung betroffen sind. Daher ist es besonders wichtig, die Lehrkräfte für die Verletzlichkeit der Betroffenen zu sensibilisieren.
In Summe waren im Jahr 2021 356 Kinder und Jugendliche in den Förderschulzentren eingeschrieben. An den benachbarten, kooperierenden Regelschulen waren zusätzlich weitere 63 Grundschulkinder mit Behinderung in die Maßnahme integriert.
Die genaue Aufteilung können Sie der nachfolgenden Tabelle entnehmen: